Das Staatsgebiet des Fürstentums Reuß-Schleiz liegt in Mitteldeutschland und bildet ein geschlossenes Staatsgebiet. Im Norden grenzt Reuß-Schleiz an das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, im Osten an das Fürstentum Reuß-Greiz und das Königreich Sachsen, im Süden an Reuß-Ebersdorf und die preußische Exklave Gefell sowie im Westen an das Kondominat Fürstentum Gera und Reuß-Greiz. Innerhalb des Reuß-Schleizer Staatsgebiets befindet sich die zu Sachsen-Weimar-Eisenach gehörende Enklave Förthen.Unter Reuß-Schleizer Verwaltung stehen die im Besitz der Schleizer Nebenlinie Köstritz befindlichen drei Gebietsteile der Amtspflege Reichenfels Weißendorf, Hohenleuben und Hirschbach, die innerhalb des Reuß-Greizer Staatsgebiets liegen. Das Kondominat Fürstentum Gera steht bis 1848 unter gemeinsamer Verwaltung der Fürstentümer Reuß-Schleiz, Reuß-Ebersdorf und Reuß-Lobenstein. Hauptstadt und Regierungssitz ist Schleiz. Das Residenzschloss befindet sich ebenfalls in der Hauptstadt. Eine zweite, gemeinsame Regierung der Fürstentümer Reuß jüngere Linie befindet sich in Gera. Im Jahre 1848 überträgt der regierende Fürst von Reuß-Lobenstein und Ebersdorf sein Fürstentum auf Reuß-Schleiz. Aus der Vereinigung dieses Fürstentums mit dem bislang gemeinsam verwalteten Kondominat Fürstentum Gera und dem Fürstentum Reuß-Schleiz entsteht das Fürstentum Reuß jüngere Linie.
Für das Fürstentum Reuß-Schleiz wird 1820 eine Fläche von 6,1 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 226km².Das Fürstentum Reuß-Schleiz liegt in Thüringen und ist sehr gebirgig. Das zum reußischen Oberland gehörige Gebiet wird von einem Teil des Vogtländischen Mittelgebirges und dem Thüringer Schiefergebirge durchzogen. Hauptgewässer sind Saale und Wisenta.
Das Klima ist gemäßigt.
Reuß-Schleiz führt seinen Namen nach einer 1232 erstmals erwähnten sorbischen Siedlung, die an der Wisenta nordwestlich von Plauen lag. Seit dem 14. Jahrhundert gehört das Gebiet zur Familie der Reußen, die als Vögte von Weida, Gera und Plauen im Bereich des nach ihnen benannten Vogtlandes im thüringischen Raum nachweisbar sind. Aufgrund dynastischer Beziehungen eines Vorfahren der Linie Reuß-Greiz zu Russland führen sie den Beinamen "Ruthenus" (Reuß). Reuß-Schleiz gehörte zur 1564 durch Teilung entstandenen jüngeren Linie Reuß ( Reuß-Gera ), von der es sich 1647 mit Schleiz, Tanna und Reichenfels abspaltete. 1673 wurde die Herrschaft in den Reichsgrafenstand erhoben. 1692 richtete Graf Heinrich I. von Reuß-Schleiz (1639-1692) für seinen Sohn aus dritter Ehe das Paragium Köstritz als Sonderherrschaft ohne Landeshoheit ein. 1806 erfolgte die Erhebung von Reuß-Schleiz in den Reichsfürstenstand. 1807 trat es gemeinsam mit den anderen reußischen Fürstentümern dem Rheinbund bei.
Das Fürstentum Reuß-Schleiz ist eine Monarchie. Die regierenden Fürsten stammen aus der Reuß-Schleizer Linie des Hauses Reuß jüngere Linie. Seit dem 12. Jahrhundert nennen sich alle männlichen Mitglieder des Hauses Reuß Heinrich. Mit dem Geschlechtsvertrag von 1668 ist festgelegt, dass die ältere Linie bis Hundert zählt, während die jüngere Linie jedes Jahrhundert neu zu beginnen hat. Seit 1784 regiert der 1806 zum Fürsten erhobene Heinrich XLII. (reg. 1784-1818), ihm folgt sein Sohn Heinrich LXII. (reg. 1818-1854). Mit Zusammenlegung der Fürstentümer Reuß-Schleiz, Reuß-Lobenstein und Ebersdorf sowie des Kondominats Fürstentum Gera zum Fürstentum Reuß jüngere Linie im Jahre 1848 wird Heinrich LXII. alleiniger Herrscher und nimmt später den Titel Fürst Reuß jüngere Linie an. Die Landstände des Fürstentums Reuß-Schleiz setzen sich aus drei ritterschaftlichen und drei städtischen Deputierten zusammen. Sie haben beratende Funktion hinsichtlich der Gesetzgebung und der Steuerbewilligung. Zudem besteht bis 1848 eine "Gesamt-Ritter- und Landschaft" mit Sitz in Gera für Angelegenheiten im gemeinsamen Interesse aller Fürsten des Hauses Reuß jüngere Linie.
Das Fürstentum Reuß-Schleiz verfügt nicht über Mittelbehörden. An Unterbehörden bestehen seit 1815 ein Justizamt in Schleiz sowie die Amtspflege Reichenfels mit Sitz in Hohenleuben. Mit den anderen reußischen Fürstentümern sowie den Häusern der sächsisch-ernestinischen Linie ist die Reuß-Schleizer Justiz seit 1820 dem Ober-Appellationsgericht in Jena unterstellt.
Nach amtlicher Zählung von 1834 hat das Fürstentum Reuß-Schleiz 20.580 Einwohner. Bis 1847 steigert sich die Einwohner zahl um 12% auf 23.003 (GIS-Wert). Für die Hauptstadt Schleiz werden für das Jahr 1800 rund 4.000 und für 1849/50 rund 4.900 Einwohner angegeben. Die Bevölkerung des Fürstentums gehört fast ausschließlich der evangelisch-lutherischen Glaubensrichtung an. Genauere Angaben zur Konfession liegen nicht vor, da in den reußischen Fürstentümern die Bevölkerungszahlen seinerzeit noch nicht getrennt nach Konfessionen erhoben wurden.
Zur Wirtschaft des Fürstentums Reuß-Schleiz im Zeitraum von 1820 bis 1848 liegen keine genauen Daten vor. Spätere Angaben finden sich in der Staatenbeschreibung des Fürstentums Reuß jüngere Linie.
In allen Reußischen Fürstentümern wird bis Ende 1840 nach Talern zu 24 Groschen à 12 Pfennigen, ab 1841 nach Talern zu 30 Groschen à 12 Pfennigen gerechnet. Längenmaß ist der Fuß, Flächenmaß ist der Scheffel sowie in Schleiz auch der Morgen, Handelsgewicht ist das Leipziger Pfund.
Zum Verkehr des Fürstentums Reuß-Schleiz im Zeitraum von 1820 bis 1848 liegen keine genauen Angaben vor. Spätere Daten finden sich in der Staatenbeschreibung des Fürstentums Reuß jüngere Linie.
Das Gymnasium in Schleiz, das Rutheneum, geht 1656 aus einer alten Lateinschule des Deutschen Ordens hervor. 1869 bis 1876 leitet der Philologe Konrad Duden (1829-1911) als Direktor das Rutheneum. Mit seinen Lehrerkollegen erarbeitet er die ersten Rechtschreibregeln, die 1872 unter dem Titel "Zur deutschen Rechtschreibung" veröffentlicht und als "Schleizer Duden" bekannt werden. Bis heute wird die deutsche Rechtschreibung de facto von der Duden-Redaktion in Mannheim und Leipzig weiterentwickelt. Weitere Angaben zur Kultur und Bildung in Reuß-Schleiz finden sich in der Staatenbeschreibung des Fürstentums Reuß jüngere Linie.
Alle reußischen Staaten der jüngeren Linie bilden zusammen die Reußische Fürstengemeinschaft "Reuß jüngere Linie". Bei den Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Bundes auf dem Wiener Kongress werden alle vier Reußischen Fürstentümer gemeinsam von Vizekanzler Georg Walther Vincenz von Wiese (1769-1824) vertreten. Seit 1815 ist das Fürstentum Mitglied des Deutschen Bundes und führt im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) gemeinsam mit Reuß-Ebersdorf und Reuß-Lobenstein eine Stimme. Im "Engeren Rat" teilt es sich eine Stimme mit den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Waldeck, Reuß-Greiz, Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein, Liechtenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und ab 1842 Hessen-Homburg. Im Jahre 1828 wird Reuß-Schleiz Mitglied des Mitteldeutschen Handelsvereins. 1833 schließt es sich dem Thüringischen Zoll- und Handelsverein an und wird mit diesem 1834 Gründungsmitglied des Deutschen Zollvereins.
Mit der Abdankung des Fürsten Heinrich LXXII (1797-1853) von Reuß-Ebersdorf zugunsten des Reuß-Schleizer Fürsten Heinrich LXII. (1785-1854) entsteht 1848 das Fürstentum Reuß jüngere Linie, das aus den Fürstentümern Reuß-Lobenstein und Ebersdorf, Reuß-Schleiz und dem bislang gemeinsam verwalteten Kondominat Fürstentum Gera gebildet wird. Heute ist Schleiz Kreisstadt des Landkreises Saale-Orla im Bundesland Thüringen. Zum Landkreis zählen die Gebiete der ehemaligen Fürstentümer Reuß-Schleiz und Reuß-Lobenstein und Ebersdorf, das vormals zu Reuß-Greiz gehörige Amt Burgk, Pößneck und Neustadt an der Orla, die zu Sachsen-Meiningen bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach gehörten sowie der preußische exklavierte Kreis Ziegenrück. Für das Jahresende 2003 werden für den Landkreis eine Fläche von 1.148km² und eine Einwohnerzahl von 95.376 angegeben. 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, ist das Schleizer Residenzschloss durch Bombardements zerstört und anschließend abgerissen worden. Im ehemaligen Gymnasium Rutheneum befindet sich das Schleizer Heimatmuseum. Zudem wird an das dortige Wirken des Rechtschreibreformers Konrad Duden (1829-1911) erinnert.
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