III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Hohenzollern-Sigmaringen (1820-1849)

 

Staatsgebiet

Das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen befindet sich in Süddeutschland und besteht aus den drei getrennt voneinander liegenden Landesteilen Sigmaringen, Haigerloch und Ringingen/Salmendingen/Mechingen. Das Fürstentum bildet die westliche und östliche Grenze Hohenzollern-Hechingens. Zudem grenzt es im Norden und Westen an den württembergischen Schwarzwaldkreis, im Süden an den badischen Seekreis und im Osten an den württembergischen Donaukreis. Zum Staatsgebiet Hohenzollern-Sigmaringens gehören acht Exklaven. Von diesen liegen Thalheim, Thiergarten, Igelswies, Tautenbronn und Mühlhausen im Großherzogtum Baden, Langenenslingen und Bärenthal im Königreich Württemberg und Achberg-Esseratsweiler an der südlichen Grenze von Württemberg und Bayern. Die Kondominate Emerfeld-Warmthal und Dürmentingen werden von Hohenzollern-Sigmaringen und Württemberg gemeinsam verwaltet. Innerhalb des Staatsgebiets befinden sich die württembergischen Enklaven Jettkofen und Wirnsweiler sowie Mägerkingen, das an der Grenze zu Hohenzollern-Hechingen liegt. Hauptstadt und Regierungssitz ist Sigmaringen. Nach der Abdankung des regierenden Fürsten 1849 geht Hohenzollern-Sigmaringen an Preußen.

 

Geographie/Topographie

Für das Gebiet des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen wird 1815 eine Fläche von ca. 18 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 906km². Der nördliche Landesteil des Fürstentums, Haigerloch, liegt am Ostabhang des Schwarzwaldes. Die höchste Erhebung ist der 905m hohe Kornbühl. Das Gebiet wird vom Neckar und seinen Nebenflüssen Glatt, Eyach und Starzel durchzogen. Das Sigmaringer Kernland liegt in der Schwäbischen Alb und erstreckt sich über die Donau hinaus bis in die Nähe des Bodensees. Nebenflüsse der Donau sind im Sigmaringer Landesteil Schmiech, Laupert und Albach. Das gesamte Fürstentum ist sehr gebirgig und bietet wenig fruchtbaren Boden. Mineralquellen finden sich in Jungnau und Glatt. Das Klima ist in den nördlichen Gebirgsgegenden verhältnismäßig rau, die Gebiete um den Neckar und zum Bodensee hin sind milder.

 

Geschichte bis 1815/20

Hohenzollern-Sigmaringen ist eine Linie des 1061 erstmals erwähnten Hauses Hohenzollern, benannt nach der Burg Zollern, später Hohenzollern, bei Hechingen. Im 13. Jahrhundert teilte sich das Haus Hohenzollern in eine fränkische Linie, aus der in der Folgezeit die brandenburgisch-preußische Linie hervorging, und eine schwäbische Linie, aus der 1575/76 durch Erbteilung die Linien Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen entstanden. Die Grafschaft Sigmaringen mit den Klöstern Hedingen und Inzigkofen, die Herrschaft Haigerloch mit Kloster Gruol, die Grafschaft Veringen sowie die Herrschaft Wehrstein bildeten das Kernland der Grafschaft. 1623 zum Reichsfürstentum erhoben, gehörte Hohenzollern-Sigmaringen zum Schwäbischen Kreis des Heiligen Römischen Reiches. Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erhielt der Sigmaringer Fürst für seine Feudalrechte in den Niederlanden sowie für seine Domänen in Belgien die Herrschaft Glatt, das Augustinerinnenkloster Inzigkofen, das Augustiner-Chorherrenstift Beuron und das Benediktinerinnenkloster Holzen. Die Verwandtschaft mit dem preußischen Königshaus, insbesondere aber das freundschaftliche Verhältnis der Fürstin Amalie Zephyrine (1760-1841) zu Napoleons Gemahlin Josephine bewahrten das Fürstentum vor der drohenden Mediatisierung.Mit Beitritt zum Rheinbund 1806 wurde das Fürstentum um die ehemals österreichischen Klöster Wald und Habsthal sowie die Deutschordens-Herrschaften Achberg und Hohenfels erweitert. 1813 sagte sich Hohenzollern-Sigmaringen vom Rheinbund los und verpflichtete sich gegenüber Österreich, Russland und Preußen zum Kampf gegen die napoleonische Vorherrschaft. Dafür sicherten die Großmächte dem Fürstentum die Erhaltung der Souveränität und des Besitzstandes zu.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen ist eine Monarchie. Die regierenden Fürsten Anton Aloys (reg. 1785-1831), Karl (reg. 1831-1848) und Karl Anton (reg. 1848-1849) gehören der schwäbischen Linie des Hauses Hohenzollern an. Die revolutionären Unruhen 1830 veranlassen Fürst Karl, kurz nach seinem Regierungsantritt 1831 eine Ständeversammlung einzuberufen und einen Verfassungsentwurf vorzulegen. Mit der am 11. Juli 1833 vom Fürsten unterzeichneten Verfassung wird Hohenzollern-Sigmaringen konstitutionelle Monarchie, wobei die Stellung des Fürsten im Sinne des "monarchischen Prinzips" der Wiener Schlussakte ein deutliches Übergewicht hat. Der Ständeversammlung gehören 14 durch indirekte Wahl bestimmte und auf sechs Jahre gewählte Abgeordnete an. Hinzu kommen zwei Vertreter der fürstlichen Standesherren, der Familien Fürstenberg und Thurn und Taxis, sowie ein Vertreter der Geistlichkeit. Die wesentlichen Rechte der Ständeversammlung bestehen in der Mitwirkung bei der Gesetzgebung, der Steuerbewilligung, im Budgetrecht und dem Beschwerde- und Anklagerecht. Die Sigmaringer Verfassung enthält auch einen Grundrechte-Katalog, in dem unter anderem die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Ablösung der Frondienste sowie die Auswanderungsfreiheit und die Freiheit der Presse zugesichert werden. Die Religionsfreiheit wird zwar proklamiert, die staatsbürgerlichen Rechte erhalten aber weiterhin nur Angehörige der anerkannten christlichen Konfessionen. Die Verfassung erkennt das 1821 vereinbarte Familienstatut des Hauses Hohenzollern und damit auch die preußische Eventualerbfolge an. Unter dem Eindruck der Revolution von 1848/49 überzeugt, die eigene Herrschaft nicht mehr erhalten zu können, dankt Fürst Karl Anton zugunsten Preußens ab. Der am 7. Dezember 1849 unterzeichnete Abtretungsvertrag basiert auf den hohenzollerischen Familienverträgen und sichert dem Fürsten die Domänen als Privateigentum sowie eine Jahresrente zu.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen verfügt nicht über Mittelbehörden.
1822 bestehen die sechs Oberämter Sigmaringen, Wald, Ostrach, Straßberg, Gammertingen und Haigerloch sowie die vier Obervogteiämter Achberg, Hohenfels, Jungnau und Trochtelfingen. Höchste Gerichtsinstanz ist zunächst das Ober-Appellationsgericht in Darmstadt und ab 1824 das Obertribunal in Stuttgart.

 

Bevölkerung

Nach der Bundesmatrikel von 1816 hat das Gebiet des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen 35.560 Einwohner. Bis 1849 hat sich die Einwohnerzahl um 14% auf 40.492 erhöht. Die Bevölkerung lebt primär auf dem Land. Die Hauptstadt Sigmaringen zählt 1806 lediglich 819 Einwohner, bis 1845 hat sich die Einwohnerzahl auf rund 1.600 Einwohner verdoppelt. Die Bevölkerung ist vornehmlich katholischen Glaubens. Jüdische Gemeinden bestehen in Haigerloch und Dettensee.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Wichtigster Wirtschaftsfaktor Hohenzollern-Sigmaringens ist die Landwirtschaft. Angebaut werden vornehmlich Kartoffeln, Klee und Rüben. Seit 1822 besteht Hopfenanbau in Haigerloch, ab 1843 auch Weinbau in Gruol.

Bergbau

Bedeutende Bohnerzvorkommen gibt es in Inneringen und Hochberg, im Amtsbezirk Trochtelfingen und in der Nähe des Eisenwerks Laucherthal.

Gewerbe und Industrie

Die wichtigsten Industrie-Unternehmen im Fürstentum sind das fürstlich hohenzollernsche Eisenwerk Laucherthal und die fürstenbergische Eisenhütte Thiergarten, welche einheimisches Bohnerz verhütten. An Textilbetrieben bestehen seit 1831 eine Färberei und seit 1836 eine Wollspinnerei in Gammertingen. 1838 werden mechanische Baumwollspinnereien in Lauchertal und in Haigerloch gegründet. Die von der Hofkammer finanzierte Baumwollspinnerei in Haigerloch wird nach dem regierenden Fürsten "Karlstal" genannt. 1839 entsteht eine Papierfabrik in Kaiseringen.

Handel

Dem Exporthandel dienen vor allem die beiden Eisenwerke im Laucherthal und in Thiergarten.

Währung, Maße, Gewichte

Bis zum Beitritt zur Münzkonvention der süddeutschen Staaten im Jahre 1838 wird in Hohenzollern-Sigmaringen nach Gulden zu 60 Kreuzer gerechnet. Seit der Maßordnung von 1825 gelten im Fürstentum die Maße und Gewichte Württembergs.

 

Verkehr

Eisenbahnen

Eine Anbindung an das Eisenbahnnetz erfolgt erst unter preußischer Verwaltung: 1878 ist die Bahnstrecke Tübingen-Sigmaringen, die sogenannte Hohenzollernbahn, fertiggestellt.

 

Kultur und Bildung

Das Elementarschulwesen Hohenzollern-Sigmaringens basiert auf der Allgemeinen Schulordnung von 1809, die Schulpflicht wird aber erst 1841 festgeschrieben. Im Jahre 1818 errichtet Fürst Anton Aloys (1762-1831) aus den Mitteln eines Stipendienfonds eine Lateinschule in den Räumen des ehemaligen Klosters Hedingen in Sigmaringen. Die jüdische Gemeinde in Haigerloch unterhält seit 1823 eine eigene Volksschule. In der Stadt Sigmaringen besteht seit 1825 eine Museumsgesellschaft als gesellschaftlicher Rahmen für die Oberschicht. 1827 wird ein Hoftheater eingerichtet.

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Bei den Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Bundes auf dem Wiener Kongress wird Hohenzollern-Sigmaringen von dem Geheimen Legationsrat Franz Ludwig von Kirchbaur (gest. 1825) vertreten. 1815 tritt das Fürstentum dem Deutschen Bund bei. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) führt es eine eigene Stimme. Im "Engeren Rat" teilt es sich dagegen eine Stimme mit den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen, Waldeck, Reuß-Greiz, Reuß-Schleiz, Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein, Liechtenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und ab 1842 Hessen-Homburg. 1824 schließt sich Hohenzollern-Sigmaringen dem württembergischen Zollsystem an und wird damit 1828 Gründungsmitglied des Bayerisch-Württembergischen Zollvereins und 1834 des Deutschen Zollvereins.

 

Territoriale Entwicklung ab 1849/Kulturerbe

Das Besitznahmepatent vom 12. März 1850 erklärt die preußische Verfassung für eingeführt, die bisherigen hohenzollernschen Landtage werden damit aufgehoben. Mit der königlichen Verordnung vom 7. Januar 1852 werden auch die Regierungen Sigmaringens und Hechingens aufgehoben und für die "Hohenzollernschen Lande" - so die amtliche Bezeichnung seit dem 30. April 1851 - ein besonderer Regierungsbezirk geschaffen, dessen Regierung in Sigmaringen unmittelbar den Ministerien in Berlin untersteht. Der Regierungsbezirk Sigmaringen gehört zunächst keiner Provinz an. Lediglich die Schul-, Medizinal- und Bergbauangelegenheiten in Hohenzollern unterstehen den Behörden der Rheinprovinz in Koblenz und Bonn.
Fürst Karl Antons Sohn Karl (1839-1914) wird 1866 als Carol I. Fürst von Rumänien und zum Begründer der bis 1947 regierenden rumänischen Linie der schwäbischen Hohenzollern. Die spanische Thronkandidatur Prinz Leopolds (1835-1905), des ältesten Sohnes Karl Antons, ist 1870 Auslöser des Deutsch-Französischen Krieges. Von September 1944 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ist die französische Vichy-Regierung im Sigmaringer Schloss untergebracht.
Das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen bildet heute den mittleren Teil des nach ihm benannten baden-württembergischen Landkreises Sigmaringen. Das Sigmaringer Schloss befindet sich bis heute im Familienbesitz des Hauses Hohenzollern.

 

Verwendete Literatur