III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Hohenzollern-Hechingen (1820-1849)

 

Staatsgebiet

Das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen befindet sich in Süddeutschland und bildet mit Ausnahme der im Königreich Württemberg gelegenen Exklave Wilflingen ein geschlossenes Staatsgebiet. Das Fürstentum grenzt im Westen und Osten an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen sowie im Süden und Norden an den württembergischen Schwarzwaldkreis. An der östlichen Grenze zu Hohenzollern-Sigmaringen befindet sich die württembergische Enklave Mägerkingen. Hauptstadt und Regierungssitz ist Hechingen. Nach der Abdankung des regierenden Fürsten 1849 wird Hohenzollern-Hechingen Preußen angegliedert.

 

Geographie/Topographie

Für das Gebiet des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen wird 1816 eine Fläche von 5,5 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 256km².Das Fürstentum liegt am Nordrand der Schwäbischen Alb, höchste Erhebung ist der 855m hohe Zollernberg bei Hechingen. Der Boden auf der Alb ist karg und das Killertal bietet nur geringe fruchtbare Ackerflächen. Die Flüsse Starzel und Lauchert durchziehen das Gebiet. Das Klima der Alb ist verhältnismäßig rau.

 

Geschichte bis 1815/20

Hohenzollern-Hechingen war eine Linie des 1061 erstmals erwähnten Hauses Hohenzollern, benannt nach der Burg Zollern, später Hohenzollern, bei Hechingen. Im 13. Jahrhundert teilte sich das Haus Hohenzollern in eine fränkische Linie, aus der in der Folgezeit die brandenburgisch-preußische Linie hervorging, und eine schwäbische Linie, aus der 1575/76 durch Erbteilung die Linien Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen entstanden. Die alte Grafschaft Zollern - das Stammland der Hohenzollern - mit der Stadt Hechingen und den Klöstern Rangendingen, Sankt Lutzen und Stetten bildeten das Kernland der Grafschaft. 1623 zum Reichsfürstentum erhoben, gehörte Hohenzollern-Hechingen zum Schwäbischen Kreis des Heiligen Römischen Reiches. Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 erhielt der Hechinger Fürst für seine Feudalrechte in den Niederlanden die Herrschaft Hirschlatt und das Dominikanerinnenkloster Stetten bei Hechingen. Die Verwandtschaft mit dem preußischen Königshaus, insbesondere aber das freundschaftliche Verhältnis der Sigmaringer Fürstin Amalie Zephyrine (1760-1841) zu Napoleons Gemahlin Josephine bewahrten das Fürstentum vor der drohenden Mediatisierung. 1806 trat das Fürstentum dem Rheinbund bei. 1813 sagte sich Hohenzollern-Hechingen vom Rheinbund los und verpflichtete sich gegenüber Österreich, Russland und Preußen zum Kampf gegen die napoleonische Vorherrschaft. Dafür sicherten die Großmächte dem Fürstentum die Erhaltung der Souveränität und des Besitzstandes zu.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen ist eine Monarchie. Die regierenden Fürsten Friedrich (reg. 1810-1838) und sein Sohn Friedrich Wilhelm II. Constantin (reg. 1838-1849) gehören der schwäbischen Linie des Hauses Hohenzollern an. Eine gewisse verfassungsrechtliche Grundlage bieten der Stadtvergleich von 1795 und der Landesvergleich von 1798, die eine ständische Mitwirkungsbefugnis bei der Steuergesetzgebung sowie ein partielles Budget- und Petitionsrecht vorsehen. Die Leibeigenschaft wurde 1798 ebenfalls aufgehoben. Die von der französischen Juli-Revolution 1830 ausgelösten Unruhen und die Einführung einer Verfassung im Nachbarland Hohenzollern-Sigmaringen setzen den Hechinger Fürsten in Zugzwang. Schließlich erlässt Friedrich am 1. Februar 1835 als "Zusatz und Ergänzung" des Landes- und Stadtvergleichs eine provisorische Wahlordnung, die eine Landesvertretung vorsieht. Die Abgeordneten werden nun durch indirekte Wahl ermittelt und die Mitwirkungsrechte um die Beteiligung an der Gesetzgebung erweitert. Der erste Hechinger Landtag findet 1835-1837 statt.
Infolge der revolutionären Ereignisse von 1848 wird am 16. Mai 1848 eine liberale Verfassung verkündet, die den Staatsbürgern nun auch Grundrechte wie die Freiheit der Person, des Eigentums und der Berufswahl, Gewissens-, Presse- und Versammlungsfreiheit zusichert. Alle Gesetze können zukünftig nur mit Zustimmung der aus 15 indirekt gewählten Abgeordneten zusammengesetzten Landesvertretung in Kraft treten. Da Fürst Friedrich Wilhelm II. Constantin überzeugt ist, unter diesen Umständen die eigene Herrschaft nicht mehr erhalten zu können, dankt er zugunsten Preußens ab. Der am 7. Dezember 1849 unterzeichnete Abtretungsvertrag basiert auf den hohenzollerischen Familienverträgen und sichert dem Fürsten die Domänen als Privateigentum sowie eine Jahresrente zu.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen verfügt nicht über Mittelbehörden. Das Oberamt Hechingen vereinigt in sich die Zuständigkeit für die öffentliche Verwaltung des ganzen Landes. Höchste Gerichtsinstanz ist zunächst das Ober-Appellationsgericht in Darmstadt und ab 1825 das Obertribunal in Stuttgart.

 

Bevölkerung

Nach der Bundesmatrikel von 1816 hat das Gebiet des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen 14.500 Einwohner. Bis 1849 hat sich die Einwohnerzahl um 41% auf 20.471 erhöht. Die Bevölkerung lebt primär auf dem Land. Einzige Stadt ist die Hauptstadt Hechingen, mit 3.108 Einwohnern im Jahre 1806. Die Einwohnerzahl der Hauptstadt Hechingen liegt 1843 gleichbleibend bei rund 3.000 Einwohnern. Die Bevölkerung ist vornehmlich katholischen Glaubens. In der Hauptstadt Hechingen gibt es eine größere jüdische Gemeinde.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Der wichtigste und nahezu ausschließliche Wirtschaftssektor im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen ist trotz wenig ertragreicher Böden die Land- und Forstwirtschaft. Sie sichert allerdings kaum den Eigenbedarf.

Bergbau

Der Rohstoffabbau erstreckt sich lediglich auf die für den Haus- und Straßenbau notwendigen Materialien.

Gewerbe und Industrie

Die am 1. April 1840 in Kraft getretene Gewerbeordnung bringt zwar die Gewerbefreiheit, da die Zünfte aber gleichzeitig bestehen bleiben, sind keine nennenswerten Auswirkungen festzustellen. Die Industrialisierung im Fürstentum beginnt mit der Gründung einer Tuchfabrik in der Stadt Hechingen durch den Fabrikanten Benedikt Baruch im Jahre 1848.

Handel

Der Außenhandel beschränkt sich auf die Ausfuhr von Hornvieh, Holz und in Heimarbeit hergestellten Holzprodukten, wie Küchenartikel. Die Einfuhr erstreckt sich auf alle Luxusgüter sowie auf die zum Leben notwendigen Produkte, die im Land selbst nicht hergestellt werden.

Währung, Maße, Gewichte

Bis zum Beitritt zur Münzkonvention der süddeutschen Staaten im Jahre 1838 wird in Hohenzollern-Hechingen nach Gulden zu 60 Kreuzer gerechnet, wobei Hechingen keine eigenen Münzen prägt. Die im Fürstentum gültigen Maße und Gewichte werden seit 1840 den in Hohenzollern-Sigmaringen und Württemberg geltenden angepasst: 1841 die Gewichte, 1844 die Hohl- und Längenmaße und 1848 auch die Flüssigkeitsmaße.

 

Verkehr

Kunststraßen/Chausseen

Hechingen liegt an der Durchgangsstraße von Württemberg in die Schweiz. Die Straßen werden unter der Oberaufsicht des Oberstraßeninspektors auf Kosten des Landes gebaut und von der Landes- bzw. den Gemeindekassen unterhalten.

Eisenbahnen

Hechingen wird erst unter preußischer Verwaltung 1869 an das Eisenbahnnetz angeschlossen.

 

Kultur und Bildung

Das christliche Schulwesen im Fürstentum wird durch die Schulordnung vom 1. Juni 1833 geregelt. Die Ausbildung der Lehrer erfolgt in der Lehrerbildungsanstalt Hechingen. Die Lehrer unterstehen der Aufsicht der Lokalschulkommissionen, denen der Vogt und der Pfarrer angehören. Die Schulpflicht besteht vom 6. bis zum 14. Lebensjahr. 1845 wird ein Realgymnasium in Hechingen eingerichtet, das gemeinsam vom Fürsten, dem Land, der Stadt und der jüdischen Gemeinde getragen wird. Der musikbegeisterte Erbprinz Friedrich Wilhelm II. Constantin (1801-1869) richtet 1826 in Hechingen eine Hofkapelle ein, die der Stadt für zwei Jahrzehnte eine "orpheisches Hechingen" genannte musikalische Glanzzeit verschafft. Anfang der 1840er Jahre dirigieren hier Franz Liszt (1811-1886) und Hector Berlioz (1803-1869) als Gäste ihre Werke.

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Bei den Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Bundes auf dem Wiener Kongress wird Hohenzollern-Hechingen von dem Geheimen Rat Franz Anton Freiherr von Frank vertreten. 1815 tritt das Fürstentum dem Deutschen Bund bei. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) führt es eine eigene Stimme. Im "Engeren Rat" teilt es sich dagegen eine Stimme mit den Fürstentümern Hohenzollern-Sigmaringen, Waldeck, Reuß-Greiz, Reuß-Schleiz, Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein, Liechtenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und ab 1842 Hessen-Homburg.1824 schließt sich Hohenzollern-Hechingen dem württembergischen Zollsystem an und wird damit 1828 Gründungsmitglied des Bayerisch-Württembergischen Zollvereins und 1834 des Deutschen Zollvereins.

 

Territoriale Entwicklung ab 1849/Kulturerbe

Das Besitznahmepatent vom 12. März 1850 erklärt die preußische Verfassung für eingeführt, die bisherigen hohenzollernschen Landtage werden damit aufgehoben. Mit der königlichen Verordnung vom 7. Januar 1852 werden auch die Regierungen Hechingens und Sigmaringens aufgehoben und für die "Hohenzollernschen Lande" - so die amtliche Bezeichnung seit dem 30. April 1851 - ein besonderer Regierungsbezirk geschaffen, dessen Regierung in Sigmaringen unmittelbar den Ministerien in Berlin untersteht. Der Regierungsbezirk Sigmaringen gehört zunächst keiner Provinz an. Lediglich die Schul-, Medizinal- und Bergbauangelegenheiten in Hohenzollern unterstehen den Behörden der Rheinprovinz in Koblenz und Bonn. Mit Friedrich Wilhelm II. Constantin (1801-1869) stirbt 1869 der letzte Fürst von Hohenzollern-Hechingen. Das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Hohenzollern-Hechingen gehört heute zum Zollernalbkreis des Bundeslandes Baden-Württemberg.
Im so genannten Alten Schloss in Hechingen befindet sich das "Hohenzollerische Landesmuseum" mit Exponaten zur Landesgeschichte des ehemaligen Fürstentums. Die im 19. Jahrhundert aus preußischen Mitteln wieder errichtete Burg Hohenzollern bei Hechingen befindet sich noch heute im Besitz der Familien von Hohenzollern und von Preußen. Die zu besichtigenden Museumsbestände widmen sich der Geschichte der brandenburgisch-preußischen Linie des Hauses Hohenzollern.

 

Verwendete Literatur