III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Hannover (1820-1865)

 

Staatsgebiet

Das Königreich Hannover befindet sich in Norddeutschland und besteht aus drei teilweise getrennt voneinander liegenden Landesteilen. Das Königreich grenzt im Norden an die Nordsee, Oldenburg und Bremen, im Nordosten an Holstein, Hamburg, Lauenburg und Mecklenburg-Schwerin, im Osten an die preußische Provinz Sachsen und Braunschweig, im Süden und Südwesten an die preußische Provinz Sachsen, Hessen-Kassel, die preußische Provinz Westfalen, Lippe-Detmold, den Pyrmonter Landesteil des Fürstentums Waldeck sowie Schaumburg-Lippe und im Westen an die Niederlande. Zum Hannoverschen Staatsgebiet gehören die Nordsee-Inseln Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum, die Exklave Polle, die zwischen Lippe-Detmold, Waldeck, der preußischen Provinz Westfalen und Braunschweig liegt sowie die innerhalb des Herzogtums Braunschweig befindliche Exklave Bodenwerder. Unter gemeinsamer Verwaltung von Braunschweig und Hannover steht die "Kommunion-Unterharz", die gemeinsame Rechte an Bergwerken und Hütten beinhaltet. Innerhalb des hannoverschen Staatsgebiets befinden sich die Braunschweiger Enklaven Thedinghausen, Ölsburg, Bodenburg und Ostharingen, die Hessen-Kasseler Enklave Laubach sowie die Hamburger Enklaven Moorburg und Gudendorf. Hauptstadt und Regierungssitz ist Hannover. Die Könige residieren bis 1837 in London, danach in Hannover und Herrenhausen. 1866 wird das Königreich Hannover von Preußen annektiert.

 

Geographie/Topographie

Für das Königreich Hannover wird 1815 eine Fläche von 699 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 38.732km² (1820). Nach Österreich, Preußen und Bayern bildet das Königreich Hannover das viertgrößte Land des Deutschen Bundes. Der Großteil des Königreichs gehört zur norddeutschen Tiefebene. Es besteht überwiegend aus flachem Land, Sandhügeln, Heide und Mooren sowie Marschgebieten an der Nordseeküste, der Elbe und der Weser. Nur die südlichen Gegenden sind gebirgig. Dort ist das Hauptgebirge der Harz, mit dem 926m hohen Bruchberg als höchster Erhebung im Königreich. Der Osnabrücker Landesteil im Westen wird vom Teutoburger Wald und dem Wiehengebirge durchzogen. Dort ist die höchste Erhebung der Dörenberg nördlich von Iburg mit 356m. Die drei größten Flüsse des Landes sind die Ems im Westen, die Weser in der Mitte und die Elbe an der östlichen Landesgrenze. Nennenswert sind zudem die Hunte, die Leine und die Aller, die alle der Weser zufließen. Größere Binnenseen sind der Dümmersee an der Grenze zu Oldenburg und das an Schaumburg-Lippe angrenzende Steinhuder Meer. Das Klima ist im Harzgebiet rau, in der Ebene eher mild und an der Küste sowie in den Marschgebieten und Mooren feucht.

 

Geschichte bis 1815/20

Das Königreich Hannover ging wie das Herzogtum Braunschweig aus dem 1235 zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg erhobenen niedersächsischen Hausgut der Welfen hervor. Das ebenfalls welfische Fürstentum Calenberg mit der bald namengebenden Hauptstadt Hannover wurde 1679 von Herzog Ernst August (1629-1698) übernommen. Er war verheiratet mit Sophie von der Pfalz (1630-1714), die als Enkelin König Jakobs I. von England (1566-1625) durch Parlamentsbeschluss vom 22. März 1701 (Act of Settlement) zur Erbin von Großbritannien und Irland erklärt worden war. 1714 übernahm ihr Sohn als Georg I. (1698-1727) den englischen Thron. Bis 1837 blieb Hannover mit Großbritannien in Personalunion verbunden. In einem 1683 kaiserlich bestätigten Hausgesetz setzte Ernst August durch, dass Calenberg und die künftig damit zu vereinigende Herrschaft Lüneburg ungeteilt bleiben und nach Erstgeburtsrecht vererbt werden sollten. 1692 erreichte er die Erhebung Braunschweig-Lüneburgs zum Kurfürstentum des Heiligen Römischen Reiches, für das sich bald die staatsrechtlich nicht korrekten Bezeichnungen Kurfürstentum Hannover und Kurhannover durchsetzten.
Bis 1705 konnten die Grafschaften Hoya und Diepholz sowie das Herzogtum Lauenburg hinzugewonnen werden. 1719 wurden die Herzogtümer Bremen und Verden von Schweden gekauft und 1731 das Land Hadeln angeschlossen. Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 erhielt Hannover das Bistum Osnabrück. Während der Napoleonischen Kriege war Hannover 1801 kurzzeitig von Preußen und ab 1803 französisch besetzt. Nach erneuter preußischer Besitznahme 1806 wurde ein großer Teil des Kurfürstentums 1807 dem napoleonischen Königreich Westphalen eingegliedert, die Nordseeküste hingegen direkt mit Frankreich vereinigt.
Nach erfolgreicher Rückeroberung 1813, erklärte sich das ehemalige Kurfürstentum 1814 zum Königreich Hannover. Durch die Bestimmungen des Wiener Kongresses erfuhr Hannover enorme Gebietserweiterungen und erhielt das Fürstentum Hildesheim, die Grafschaft Bentheim, das Fürstentum Ostfriesland mit Harlingerland, Teile des Emslandes, die Reichsstadt Goslar und die Herrschaft Plesse. Das Herzogtum Lauenburg, mit Ausnahme des Landes Hadeln und kleiner Gebiete westlich der Elbe, musste Hannover in einem europäischen Ringtausch an Dänemark abtreten.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Das Königreich Hannover ist eine Monarchie. Die Könige stammen aus dem ursprünglich fränkischen Haus der Welfen, dem auch das Herzogtum Braunschweig angehört. Nacheinander regieren Georg III. (reg. 1760-1820), dessen Söhne Georg IV. (reg. 1820-1830; bereits ab 1811 Regent für seinen nicht regierungsfähigen Vater), Wilhelm IV. (reg. 1830-1837) und Ernst August (reg. 1837-1851) sowie Ernst Augusts Sohn Georg V. (reg. 1851-1866). Bis zum Ende der Personalunion mit Großbritannien im Jahre 1837 residieren die Hannoverschen Könige vornehmlich in London. Neben dem Kabinettsministerium in Hannover kümmert sich die in London angesiedelte "Deutsche Kanzlei" um die Belange des Staates. Stellvertreter des Königs in Hannover ist von 1813 bis 1837 der jüngste Bruder Georgs IV., Adolph Friedrich Herzog von Cambridge (1774-1850).
Georg IV. erlässt 1819 eine sich an den alten Provinziallandschaften orientierende, landständische Verfassung mit Zweikammersystem. Als Folge der revolutionären Unruhen von 1830 wird 1833 mit dem "Staatsgrundgesetz" die konstitutionelle Monarchie in Hannover eingeführt, die für Bauern und Bürgertum die zweite Kammer öffnet, den Landständen das Gesetzgebungs- und Budgetrecht überträgt und eine beschränkte Ministerverantwortlichkeit einführt. Nach seinem Regierungsantritt 1837 hebt Ernst August das Staatsgrundgesetz sofort auf, da er seine monarchischen Rechte dadurch zu sehr eingeschränkt sieht, und kehrt zu der Verfassung von 1819 zurück. Sein Rechtsbruch löst den öffentlichen Protest von sieben Professoren der Universität aus, darunter die Gebrüder Grimm, die daraufhin entlassen und teilweise des Landes verwiesen werden. 1840 tritt ein Landesverfassungsgesetz in Kraft, das den Wünschen des Königs entspricht und den Landständen nur noch das Steuerbewilligungsrecht belässt.
Auch die liberale Verfassung von 1848 hat nicht lange Bestand und wird bereits 1851 wieder aufgehoben. Nachdem sich Hannover 1866 im Deutschen Krieg auf die Seite Österreichs gestellt hat, wird es von preußischen Truppen besetzt und im selben Jahr von Preußen annektiert.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Das Königreich Hannover gliedert sich in den Jahren 1816 bis 1823 in sechs "Königliche Provinzialregierungen", benannt in der Regel nach ihrem Sitz. Hannover ist zuständig für die Fürstentümer Calenberg, Göttingen, Grubenhagen, Lüneburg und Hildesheim sowie den bei Hannover verbliebenen Teil des Herzogtums Lauenburg und die Grafschaften Hoya und Diepholz. Stade verwaltet die Herzogtümer Bremen und Verden sowie das Land Hadeln. Osnabrück ist zuständig für das Fürstentum Osnabrück, den Kreis Meppen, den Bezirk von Emsbüren und die Niedergrafschaft Lingen. Das Fürstentum Ostfriesland und das Harlinger Land sind Aurich zugeordnet. Bentheim ist für die Grafschaft Bentheim und das Königliche Hoheits-Kommissariat für die Grafschaft Hohnstein zuständig. Zudem besteht die Berghauptmannschaft Oberharz mit Sitz in Clausthal. Mit der Verwaltungsreform von 1823 werden die Provinzialregierungen durch Landdrosteien ersetzt, die in etwa die Funktion von Regierungsbezirken haben. Die sechs Landdrosteien Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück und Aurich sowie die Berghauptmannschaft Clausthal sind nach ihrem jeweiligen Sitz benannt und bleiben bis 1866 nahezu unverändert bestehen. Es erfolgen lediglich 1824/25 kleinere Grenzregulierungen mit dem Herzogtum Braunschweig und 1832 mit Hessen-Kassel. Das Ober-Appellationsgericht befindet sich in Celle.

 

Bevölkerung

Im Jahre 1821 hat das Königreich Hannover nach amtlicher Zählung 1.434.126 Einwohner. Bis 1864 steigt die Bevölkerungszahl um 34% auf 1.924.172. Die Bevölkerung des Königreichs lebt mit 74% im Jahre 1855 primär auf dem Land.
1852 zählt die Hauptstadt Hannover 52.795 Einwohner, bis 1858 hat sich die Einwohnerzahl um 17% auf 61.800 erhöht. Der größte Bevölkerungsteil des Königreichs ist mit 82% in den Jahren 1840 und 1858 evangelisch-lutherischen Glaubens. Ein Anteil von 13% Katholiken lebt primär im Osnabrücker Landesteil. Zudem werden für beide Jahre 5% Reformierte und 0,7% Juden angegeben.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Das Königreich Hannover bleibt bis zum Ende seines Bestehens 1866 agrarisch geprägt. Staatlicherseits wird die Landwirtschaft weit mehr gefördert als Gewerbe und Industrie. Das Ablösungsgesetz von 1831/33 ermöglicht den Bauern, unterstützt durch staatliche Kredite, ihr Land aus der Grund- und Gutsherrschaft freizukaufen. Das 1842 erlassene Gesetz über die Verkoppelungen sorgt dafür, dass die zersplitterten Ackerparzellen zu vernünftigen Einheiten zusammengefasst und den beteiligten Höfen in erreichbarer Entfernung zugeteilt werden. Die landwirtschaftliche Produktion ist je nach Region sehr verschieden. Am ertragreichsten sind der südliche Landesteil mit den Lößgebieten zwischen Hannover und Hildesheim sowie die Marschgebiete der Nordseeküste.

Bergbau

Die Schwerpunkte im Bergbau Hannovers liegen bei Steinkohle und Eisenerz.
Die wichtigsten Steinkohlevorkommen befinden sich südwestlich von Hannover, südlich von Osnabrück und östlich von Hameln. Die Steinkohleförderung ist mit 46.772t im Jahre 1850 und 355.142t im Jahre 1866 weitaus bedeutender als der Braunkohleabbau, der mit 7.147t im Jahre 1861 seinen Höchstwert erreicht. Silber, Kupfer, Blei und Eisenerz werden vornehmlich bei Claustal abgebaut. Die Eisenerzförderung beläuft sich 1850 auf 28.350t pro Jahr und steigert sich bis 1866 auf 240.112t. Gemeinsam mit Braunschweig betreibt das Königreich Hannover die sogenannte Kommunion-Unterharz zwischen Langelsheim und Oker, die hauptsächlich Blei, Kupfer, Silber und etwas Gold gewinnt.

Gewerbe und Industrie

Die eigentliche Industrialisierung setzt in Hannover erst unter preußischer Verwaltung ein. Ebenso wird erst nach 1866 die Gewerbefreiheit durchgesetzt. Im Königreich Hannover werden nach der napoleonischen Zeit die Zünfte wiederhergestellt. Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch bedeutsame, vornehmlich auf dem Lande betriebene Leinenherstellung, ist gegenüber modernen mechanisierten Produktionsformen, wie sie vor allem in Großbritannien entwickelt werden, immer weniger konkurrenzfähig. Einziger bedeutsamer Industriestandort ist das in der Landdrostei Hannover gelegene Linden, wo vor allem Maschinenbau, Eisenguss, Textil- und Farbenfabrikation angesiedelt sind. Die Roheisenproduktion liegt 1850 bei 13.691t pro Jahr und steigert sich bis 1866 auf 67.415t.

Handel

Der Handel entspricht der Wirtschaftsstruktur des Landes und ist auf Produkte der Landwirtschaft und des Bergbaus ausgerichtet. Importiert werden vor allem über Bremen sogenannte Kolonialwaren wie Kaffee und Tee. Die wichtigsten Handelszentren sind Hannover, Goslar, Hameln und Emden.

Währung, Maße, Gewichte

Währungseinheit in Hannover ist der Taler zu 24 Groschen à 12 Pfennigen. Maß und Gewicht werden 1836 für das gesamte Königreich vereinheitlicht. Als Längenmaß besteht der Fuß, Flächenmaß ist der Morgen und Handelsgewicht der Zentner.

 

Verkehr

Kunststraßen/Chausseen

Mit der Allgemeinen Chaussee-Ordnung von 1824 wird der Straßenbau im Königreich Hannover neu geregelt und das Wegenetz zukünftig in die drei Klassen Chausseen, Landstraßen und Kommunalwege unterteilt. Die Chausseen werden aus Mitteln der Allgemeinen Wegbau-Kasse unter Aufsicht der von 1817 bis 1843 bestehenden General-Wegbau-Kommission gebaut und unterhalten. 1848 hat das Chausseenetz bereits eine Länge von etwa 1770km

Eisenbahnen

1837 wird mit dem Herzogtum Braunschweig ein Vertrag über die Anlage von Eisenbahnen durch das Gebiet der beiden Partner geschlossen und 1840 die Enteignung zugunsten des Eisenbahnbaus gesetzlich geregelt. 1842 wird schließlich mit dem Bau der Bahnverbindung nach Braunschweig begonnen. 1843 sind die Verbindungen Hannover-Lehrte und Lehrte-Peine befahrbar, 1844 auch die Fortsetzung von Peine nach Braunschweig. 1847 ist über Lehrte, Celle und Lüneburg die Verbindung zwischen Hannover und Harburg betriebsbereit. Eine Verbindung mit Hamburg wird als wirtschaftlicher Schutz für den Konkurrenzhafen Harburg nicht eingerichtet. Gemeinsam mit der Freien Hansestadt Bremen wird die 1847 fertiggestellte Linie Wunstorf-Bremen finanziert. 1853 bis 1856 erfolgt der Ausbau der Südbahn von Hannover nach Hildesheim über Nordstemmen bis nach Göttingen und Kassel. 1854 bis 1856 folgt die Westbahn von Löhne über Melle und Osnabrück nach Leer und Emden. Bis 1866 ist das hannoversche Eisenbahnnetz auf 900 km Länge ausgebaut.

Wasserstraßen

Die wichtigsten schiffbaren Wasserstraßen sind die Ems, die Weser und die Elbe. Die Ems ist 1850 bis Papenburg für Schiffe mit einer Tragfähigkeit bis zu 600t ausgerichtet, bis Bentlage nur noch bis zu 100t. Die Weser befördert auf hannoverschem Gebiet Schiffe mit einer Tragfähigkeit bis zu 200t, ihr Nebenfluss, die Aller, bis zu 100t. Die Elbe ist ab Harburg für Schiffe mit einer Tragfähigkeit von bis zu 400t ausgebaut, die Nebenflüsse Oste, Ilmenau und Jeetzel bis zu 50t.

See- und Binnenhäfen

Unmittelbare Seehäfen Hannovers sind 1850 Norden und Neuhaus an der Nordsee. Daneben gibt es Flusshäfen, die teilweise Seeverkehr betreiben. An der Ems liegen die Häfen Aurich, Emden, Leer, Papenburg, Halte, Meppen, Lingen, Mehringen und Bentlage. Weserhäfen sind Geestemünde, Dreye, Stolzenau, Hameln und Münden, Elbhäfen Cranz, Harburg, Blekede und Hitzacker. Kleinere Durchgangsstellen finden sich zudem in Bremervörde an der Oste sowie in Lüneburg an der Ilmenau. 1848 wird in Harburg ein Freihafen für den Seeverkehr eingerichtet.

 

Kultur und Bildung

Das christliche Volksschulwesen des Königreichs Hannover wird 1845 durch ein Gesetz vereinheitlicht: Die Schulpflicht wird eingeführt, die Organisation von Schulverbänden, das Einkommen der Lehrer und das Schulgeld geregelt. Aus der 1831 in Hannover gegründeten Höheren Gewerbeschule geht in mehreren Schritten die heutige Universität hervor. Zentrum des wissenschaftlichen und geistigen Lebens aber ist die 1737 gegründete Georg-August-Universität in Göttingen. Der an der Universität lehrende Staatsrechtler und Historiker Friedrich Christoph Dahlmann (1785-1860) ist maßgeblich an der Ausarbeitung des Staatsgrundgesetzes von 1833 beteiligt, wird aber wie die Gebrüder Grimm 1837 des Landes verwiesen.
Am Hannoveraner Hoftheater wird 1822 Carl Maria von Webers "Freischütz" und 1824 Beethovens "Fidelio" aufgeführt. 1843 leitet der französische Komponist Louis Hector Berlioz (1803-1869) das königliche Hoforchester. 1852 wird ein Neubau im spätklassizistischen Stil fertiggestellt. Architekt ist Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864). Das Gartentheater im Barockgarten des Residenzschlosses Herrenhausen ist das erste seiner Art in Deutschland.

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Von 1714 bis 1837 wird Hannover in Personalunion mit Großbritannien regiert. Da in England im Gegensatz zu Hannover die weibliche Thronfolge nicht ausgeschlossen ist und die Union zwischen England und Hannover ausschließlich in der Person des Herrschers bestand, endet die Personalunion 1837 nach dem Tod Wilhelms IV. (1765-1837) automatisch mit der Regierungsübernahme Königin Victorias (1819-1901), der Tochter des nächstjüngeren Bruders von Wilhelm IV. Bei den Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Bundes auf dem Wiener Kongress wird das Königreich Hannover von dem Leiter der "Deutschen Kanzlei" in London, Graf Ernst Friedrich Herbert von Münster (1766-1839), vertreten. 1815 tritt Hannover dem Deutschen Bund bei. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) führt das Königreich vier Stimmen und im "Engeren Rat" eine Stimme.
Im Jahre 1828 tritt Hannover dem Mitteldeutschen Handelsverein bei. Im Mai 1834 schließen sich Braunschweig und Hannover zum so genannten Steuerverein zusammen. Für die Grafschaft Hohnstein und das Amt Elbingerode tritt Hannover zum 1. Januar 1838 dem preußischen Zollsystem und damit auch dem Deutschen Zollverein bei. Per Vertrag von 1851 schließt sich Hannover mit Wirkung zum 1. Januar 1854 in Gänze dem Deutschen Zollverein an.

 

Territoriale Entwicklung ab 1866/Kulturerbe

Das Besitzergreifungspatent vom 3. Oktober 1866 macht das bisherige Königreich Hannover zu einem Bestandteil des Preußischen Staates. Am 1. Oktober 1867 tritt die preußische Verfassung in Hannover in Kraft, das Land wird zukünftig als Provinz Hannover verwaltet. König Georg V. von Hannover (1819-1878) geht ins Exil nach Wien und stellt zur Wiedereroberung seines Reiches, auf das er formell nie verzichtet, 1867 die so genannte Welfenlegion auf. Sein Privatvermögen wird als Welfenfonds beschlagnahmt und vom preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck (1815-1898) als so genannter Reptilienfonds unter anderem zur Bekämpfung der welfischen Bewegung verwendet. Erst mit der Heirat von Georgs V. Enkel Ernst August (1887-1953) mit der Kaisertochter Viktoria Luise (1892-1980) erfolgt die Aussöhnung zwischen Hohenzollern und Welfen, so dass im Jahre 1913 der Enkel des letzten Königs von Hannover die Regierungsgeschäfte im Herzogtum Braunschweig übernehmen kann. Das Residenzschloss Herrenhausen wird während des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört. Erhalten geblieben ist hingegen der Barockgarten des Schlosses und ein Galeriegebäude. Das Mobiliar der Residenz wird im nahegelegenen Fürstenhaus Herrenhausen-Museum präsentiert.
Das während des Zweiten Weltkriegs ebenfalls zerstörte Leineschloss wird 1959 bis 1962 wieder aufgebaut und ist seitdem Sitz des Niedersächsischen Landtags. Der Landesgeschichte vom Fürstentum Calenberg bis zum Ende des Königreichs Hannover widmet sich das Historische Museum am Hohen Ufer in Hannover. Das Niedersächsische Landesmuseum präsentiert neben einer Gemälde- und Skulpturensammlung Exponate der Ur- und Frühgeschichte sowie der Natur- und Völkerkunde.

 

Verwendete Literatur